Ein Blick in die Hotelgeschichte

Es war einmal, so um das Jahr 1850 herum, da hatte Lohmes Dorfschulze, er hieß Hagemeister, eine Vision: Fremdenverkehr auf Rügen. In bester Aussichtslage über der Kreideküste eröffnet er für die ersten quartiersuchenden Besucher der romantischen Gegend das „Strandhotel Ostseebad Lohme“. Das Hauptgebäude des heutigen „Panorama Hotels“ ist also das älteste Badehotel der ganzen Insel. Sein Komfort ist noch sehr bescheiden, auch der Badebetrieb beginnt eher verhalten. Doch 1855 wird das Fischerdorf mit rund 150 Einwohnern bereits als erstes Seebad Rügens anerkannt. 1891 errichtet man ein Warmbad am Ufer, Herren- und Damenbad liegen gleich einen halben Kilometer voneinander entfernt, um unsittliche Annäherungen zu Wasser wie zu Lande zu unterbinden. 1909 ist der Hafenausbau fertig, Dampfer und Ausflugsboote können jetzt in Lohme anlegen. Von den Bahnhöfen Sassnitz und Sagard reisen die Gäste per Kraftwagen an.
Das „Strandhotel“ bleibt trotz gewachsener lokaler Konkurenz ein gesuchter Aufenthaltsort für Bürger, Künstler und Prominente.

Um 1890 wird das Hotel am Kreidekliff von der Familie Emil Melkers übernommen. Das „Haus 1. Ranges“ wirbt bereits mit schattigen Balkons und Veranden sowie seiner „vorzüglichen und reichlichen Küche“. Die Pension kostet damals 4-6 Reichsmark „incl. Zimmer“. Es gibt eine Table d‘hôte „ohne Weinzwang“ und man kann französisches Billard spielen. Illustre Gäste lassen nicht auf sich warten. Es kamen die Dichter Theodor Fontane und Gerhart Hauptmann sowie der Amerika-Reisende Balduin Möllhausen. Sie alle schwärmten von Lohmes romantischem Flair und sagten es weiter. „Grey‘s Hotel“ nebenan war bei seiner Eröffnung um 1890 das größte Hotel am Platz, mit 180 Betten. Am 23. August 1918 brannt es nieder. Nur ein Gebäudeteil blieb stehen, seit 1998 dient er als schickes Gästehaus des „Panorama Hotels“.

Nach 1923 verschwindet das „Strandhotel“ aus den Reiseführern und Werbeprospekten des Ortes. Die Urlauber zieht es jetzt mehr an die breiten Sandstrände der Ostseeküste mit ihren mondänen Tanzpalästen. Das alte Haus gehört jetzt der Stadt Frankfurt/Oder und wird von ihr in den folgenden Jahren als Erholungs- und Landschulheim genutzt. Alte Schwarzweiß-Aufnahmen zeigen fröhliche junge Mädchen und ihre Betreuerinnen in bester Ferienlaune auf der Terrasse und am Strand. Mittags wurde in Liegestühlen Siesta gehalten. Aber abends um 10 Uhr war Schluss mit lustig! In der Zeit des Zweiten Weltkriegs werden ausgelagerte Berliner Schulklassen in den Zimmern und Sälen unterrichtet. Im heutigen Speisesaal müssen Gymnasiasten lateinische Grammatik pauken. Das Turmzimmer nennen sie „Olymp“. 

1945 beginnt eine neue Ära in der Hotelgeschichte: bald nach Kriegsende wird das Haus als Kommandatur der sowjetischen Besatzer auf Rügen genutzt. Eine große „Gulaschkanone“ vor dem Eingang hilft, die notleidende Dorfbevölkerung Lohmes zu versorgen. Letzte Zeitzeugen erinnern sich auch noch dunkel an ein russisches Bordell im ersten Stock. Nichts genaues weiß man nicht. Als gesichert gilt hingegen, dass das in die Jahre gekommene Hotelgebäude von 1947-1956 als ein ordentlich geführtes kirchliches Kinderheim genutzt wird, wo die Kinder streng erzogen wurden. Doch die werktätige Bevölkerung sollte auch etwas von Lohmes schöner Aussicht haben: 1957-1990 dient das jetzt schon hundertjährige Haus deshalb als FDGB-Ferienheim „Paul Ehrlich“. Besucher von damals erzählen, dass DDR-Betriebe aus dem Inland, deren Mitarbeiter im Heim urlauben wollten, vorher erst einmal auf eigene Kosten Waschbecken montieren oder Dächer abdichten mussten, um des Privilegs teilhaftig zu werden. 

1991: Nach der deutschen Wiedervereinigung wollen viele die Ostseeinseln nördlich von Berlin für sich entdecken. Doch die touristische Infrastruktur fehlt, noch gibt es kaum Hotelbetten. Der damals knapp 38 Jahre alte Matthias Ogilvie aus Aachen steht, nachdem er ein Jahr lang die Küste rauf und runter gesucht hatte, plötzlich vor dem Objekt seiner Träume – und ergreift seine Chance. Er erhält am 17. Juli den Schlüssel zum leerstehenden FDGB-Ferienheim. So wird der Historiker und Philosoph über Nacht zum begeisterten Hotelier. Der bauliche Zustand des Hauses ist beklagenswert. Alle Zimmer sind dennoch schon am gleichen Abend belegt, obwohl es zunächst weder Bettwäsche noch warmes Wasser gibt. Auch die Küche funktioniert noch nicht. Die ersten Gäste geben sich bescheiden – und laden ihren Gastgeber Ogilvie zum improvisierten Frühstück ein. 
Das notdürftig instand gesetzte einstige Strandhotel eröffnet offiziell am 13. September 1991 unter dem neuen Namen „Panorama Hotel Lohme“. Matthias Ogilvie verteilt Handzettel an die Besucher des Königsstuhls, an manchen Tagen zehn Stunden lang. Ende 1992 geht das Haus in den Besitz von Matthias Ogilvie und seinem Bruder Erich über. Jetzt beginnen die rund drei Jahre dauernden Renovierungsarbeiten und Ausbauten. 20 Mitarbeiter und 15 Auszubildende kümmern sich 10 Jahre später um das Wohl der Gäste. Das Hotel wird eine der bekanntesten Adressen der Ostseeküste, 1997 zählt es 62 Betten. Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht es immer wieder gern, wenn sie nach Rügen kommt. Schon mehrere Gästebücher bezeugen die schönen Momente, die Hotelgäste in diesem Haus mit Geschichte erlebt haben. Es hat ihnen bei uns offenbar gefallen. 

-Ende-